Was ist fair am Fairen Handel? Unter diesem Titel fand am Mittwoch, den 23. September 2015, ein Vortrag im Rahmen der „Fairen Woche“ im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes Fürstenfeldbruck statt.
Der faire Handel boomt: Für erstmals über 1 Mrd. Euro kauften Verbraucher/innen in Deutschland 2014 fair gehandelte Waren. Warum? Da sich immer mehr Menschen die Produkte, die sie kaufen, fair und ökologisch wünschen. Aber wann genau ist ein Produkt fair oder ökologisch produziert oder gehandelt worden? Labels und Siegel, die für bestimmte Qualitätskriterien stehen, sollen auf diese Frage Antwort geben und bei der Kaufentscheidung helfen. Doch bei rund 400 verschiedenen Labels und Siegeln, die sich im weitesten Sinne auf „Nachhaltigkeit“ beziehen und in Deutschland um die Aufmerksamkeit der Verbraucher/innen werben, ist das kein leichtes Unterfangen.
Referentin Annegret Lueg, Fair-Handels Beraterin im Eine Welt Netzwerk Bayern e.V., versuchte Licht ins Dunkel der vielzähligen Labels, Logos, Signets und Siegel von fair gehandelten Produkten zu bringen. Grundsätzlich verwies Lueg auf die vier großen Fairhandels-Siegel, die Produkteigenschaften wie fair gehandelt, biologische, naturnahe und gentechnikfreie Erzeugung garantieren: FAIRTRADE, Naturland Fair, fair for life und das französischen Label Ecocert. Diese Fair-Trade-Siegel werden von Organisationen vergeben, die im internationalen Dachverband Fairtrade Labelling Organization International (FLO) zusammengeschlossen sind. Die Vergabe von Fair-Trade-Logos ist an eine Reihe von Kriterien geknüpft, die von der FLO mit Sitz in Bonn entwickelt und festgelegt werden. Dazu zählen der direkte Handel mit den Produzentengruppen ohne Zwischenhändler, Vorfinanzierung und langfristige Lieferbeziehungen sowie ökologische Standards.
Problematisch ist oftmals die Beurteilung von sogenannten Mischprodukten, da es sich hier anders als zum Beispiel bei Kaffee oder Bananen, um ein Produkt handelt, das sich aus verschiedenen Zutaten zusammensetzt. Im Fall Schokolade aus den Ingredienzien Kakao, Zucker, Gewürzen und Milch. „Nicht alle diese Zutaten sind bei einem Produkt gleichsam unter den Kriterien des Fairen Handels produziert worden und so wird in diesen Fällen mit Prozentangaben auf den Packungen darauf hingewiesen“, so die Expertin für fair gehandelte Produkte.
Ein weiteres Problem ist, dass die „Fair Trade“ Erzeugergruppen vor Ort oftmals nicht die erforderlichen Mengen erwirtschaften können, die zum Beispiel für eine Schokoladenproduktion erforderlich sind. So kommt es vor, dass Fair-Handels Erzeugnisse häufig mit denen aus herkömmlicher Produktionsweise vermischt und verarbeitet werden. In diesem Fall ist eine genaue physische Rückverfolgbarkeit nicht mehr möglich. Um aber zu vermeiden, dass somit die Fair-Handels-Erzeuger vom Markt ausgeschlossen werden, verzichtet man auf eine Besiegelung mit einem reinen „Fair Trade“ Signet und druckt stattdessen prozentuale Angaben auf die betroffenen Endprodukte.
Für die ausgewiesene Expertin Annegret Lueg ist dies zwar nicht der ideale Weg, aber auf diese Weise könne zumindest ein Einkommen der „Fair Trade“ Produzenten vor Ort, oftmals einfache Landbauern, garantiert werden. Klar ist jedoch, dass wir zu einer klaren, eindeutigen Kennzeichnung fair gehandelter Produkte finden, damit der Verbraucher Gewissheit erhält, dass die dem Produkt durch ein Label zugeordneten Eigenschaften sich in diesem auch tatsächlich wiederfinden.
Claudia Calabrò –
Stadträtin und Sprecherin der Steuerungsgruppe „Fairtrade“ in FFB