Gedanken zum zweiten Advent – Beim Poetry Slam in Olching im Oktober machten sich sieben Poeten Gedanken über das Thema Nachhaltigkeit. „Worte haben Macht!“
Ich als Organisatorin trat außer Konkurrenz auf und statt mit einer Ansprache den Abend zu beginnen, fing ich prompt mit meinem Text an. Er entstand aus dem Versuch heraus, im Vorfeld zu erproben, ob es sich zum Thema Nachhaltigkeit texten lässt. Und wie die Gäste an dem Abend erleben konnten, lässt es sich in der Tat sehr variantenreich.
Aus Anlass der zweiten Kerze u n d Halbzeit bei der Klimakonferenz 2015 in Paris steht mein Text hier noch einmal für alle Interessierte zum Nachlesen:
Ein Text zum Thema Nachhaltigkeit
für einen Slam
mit einem Hall
der in den Ohren saust
der im Hirn nur so umeinander braust
erregt
bewegt
zum Nachdenken zwingt
zum Umdenken ringt
jedoch
bin keine Slammerin
kann die Texte nicht
nicht auswendig
bin nicht frech genug
in meinem Äußerungen
zu schüchtern
zu nüchtern
zu defensiv für die Welt
die mich umstellt
mir droht
mir den Mittelfinger zeigt
und dann schweigt
sie lässt mich stehn
im Geh ‘n
in der Zeit,
die eilt
auf ein Ende zurast…
doch?
ist es zuletzt die Erde, die fällt?
oder der Mensch,
der zuvor mit Schädel auf einem Felsen zerschellt?
dort wo früher noch Eis war
dort wo früher noch Schnee war
wo ganz früher noch Eisbären waren
die Robben jagten
und Robben Pinguine…
Mama, was sind Robben? Was sind Pinguine?
Ich bin ja eher für die Robben – man muss sich schließlich entscheiden:
bin ich für die den das
oder bin ich dagegen
Liege ich mit dem Kopf
oder mit der Zahl nach oben – am Boden.
jedoch
bin keine Slammerin
kann die Texte nicht
nicht auswendig
weil ich vergesslich bin
mir Worte an Worte nicht merken kann
vergesse Statistiken
die sich tarnen
die mir beweisen wollen
aber auch warnen
dass wir nicht mehr 5 vor 12 haben
sondern längst in der Nachspielzeit agieren
in Bewusstlosigkeit vor uns hin stieren
hilflos taktieren
scheinbar zeitlos diskutieren
ob Windrad, Wasserkraft, Blockheizkraftwerk
gegeneinander ausspielen
jedoch
bin keine Slammerin
kann die Texte nicht
nicht auswendig
UND
Ich schaue mir schon lange keine Tiersendungen mehr an,
weil ich es nicht ertragen kann,
die Tiere zu sehn,
die von dieser Erde gehen – müssen
weil wir Menschen sie verpissen
Der Wunsch ist längst da
unter einem Baum begraben zu werden – nur braucht es dazu einen Baum.
Urte Langer